Hinter jedem Verhalten steckt eine positive Absicht
Hier müssen wir zunächst einmal klären, was mit den Worten „positive Absicht“ gemeint ist. „Positiv“ ist eine Bewertung und damit eine individuelle Aussage, kann also nur in der Welt des Individuums eine Bedeutung haben. Was für mich positiv ist, kann für jemand anders durchaus weniger positiv sein. Wenn ich z.B. jemanden erfolgreich verklage, dann ist die Zahlung, die auf meinem Bankkonto eingeht für mich positiv, für den, der zahlen muss eher negativ. Vor Gericht war ich erfolgreich und habe gewonnen (positiv) und der andere hat verloren (negativ).
Und diese Ambivalenz ist der Grund, warum wir das Verhalten anderer oft nicht verstehen können. Wir haben einfach keine Ahnung von der mentalen Landkarte des anderen.
Nimm einfach mal folgendes Beispiel:
Dein Partner „nervt“ ständig rum wegen herumliegender Sachen in der Wohnung. In Deiner Welt stellt Ordnung hingegen keinen solch großen Wert dar.
Wenn Dein Partner in Deiner Welt leben würde und trotzdem ständig „nerven“, dann wäre er ganz klar bösartig veranlagt, da es ja offensichtlich keinen guten Grund dafür gibt. Da er oder sie aber in ihrer höchstindividuellen, eigenen Welt lebt, sieht die Sache eben ganz anders aus. Unordnung ist in dieser Version der Welt einfach ein großes Ärgernis. Ob das aus Deiner Sicht gut oder schlecht ist, spielt dabei überhaupt keine Rolle. Die positive Absicht hinter dem „nerven“ ist Ordnung, und wenn es in dieser Welt ordentlich ist, erst dann kann man sich entspannen. Ist es aber unordentlich, dann kommt Entspannung einfach nicht in Frage.
Oft verurteilen wir andere vorschnell, weil das, was sie tun, in unserer Welt keinen Sinn ergibt, doof ist, oder gemein. Dabei ignorieren wir aber, dass jeder Mensch in seiner eigenen Welt lebt, mit eigenen Werten und Ansichten. Da sind wir wieder bei den sieben Milliarden Realitäten da draußen…
Wäre es daher nicht viel schlauer zu sagen: „Was Du da gerade gemacht hast, verstehe ich nicht… hmmm… interessant, da läuft etwas ganz anders als bei mir… also lass uns mal rausfinden, was ich da noch dazulernen kann…“, anstelle von „Was Du da gemacht hast, verstehe ich nicht… das ist doch total bescheuert… was für ein Idiot bist Du denn!“